EinBLICK in die Neurologie-Pflege

"Es herrscht auf unserer Station eine sehr gute Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen dem Pflegepersonal aber auch mit den Ärzten und anderen Berufsgruppen."

Tamara Nagl, BSc

Interview mit Anneliese Kreuzberger und Tamara Nagl, BSc

Hallo Anneliese und Tamara. Herzlich Willkommen zu unserem Interview . Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit genommen habt und uns über eure Tätigkeit auf der Neurologie erzählt. Starten wir gleich mit Anneliese:

Kannst du uns deinen Werdegang kurz beschreiben? Wie bist du zum Beruf der Gesundheits- und Krankenpflegerin auf der Neurologie gekommen?

Anneliese: Mit 15 habe ein Buch über Berufsbilder gelesen und da hat mich der Tätigkeitsbereich der Diplomkrankenpflegerin sehr interessiert. Daraufhin habe ich von 1992-1995 die Krankenpflegeschule in Schwarzach besucht. Meinen Berufseinstieg machte ich auf der chirurgischen Sonderklassestation. Im Jahr 2002 begannen wir die ersten Neurologiepatienten in Schwarzach auf unserer Station zu behandeln. 2006 wurde die Station schließlich zu einer reinen Neurologiestation umgewandelt, wobei das gesamte Pflegeteam in dieser Abteilung blieb. Diese Veränderung war anfangs eine Herausforderung, aber gleichzeitig äußerst spannend, weil ein ganz neues Lernen für uns begann.

Kannst du uns den Bereich der Neurologie im Kardinal Schwarzenberg Klinikum näher beschreiben? Mit welchen Krankheitsbildern kommen die Patienten auf eure Station?

Tamara: Bei uns auf der Neurologie beschäftigen wir uns mit Krankheiten des Gehirns und des Nervensystems, vor allem des zentralen Nervensystems.  Unser Patientenfeld ist sehr vielfältig. Ein Hauptsaugenmerk liegt auf Patienten mit Schlaganfällen, aber auch Patienten mit Morbus Parkinson, Multipler Sklerose oder chronischen Schmerzsymptomen werden bei uns behandelt.

Welche Aufgaben fallen hier für die Pflege an?

Anneliese: Die wichtigste Aufgabe ist für mich das Beobachten des körperlichen, psychischen und geistigen Allgemeinzustandes der Patienten.

Die Betreuung der Patienten variiert je nach individuellem Krankheitsbild und beinhaltet die Beobachtung des Allgemeinzustandes, die Erhebung und die Überwachung der Vitalparameter und die Unterstützung bzw. Übernahme der Körperpflege. Darüber hinaus sind wir auch für die Mobilisation, die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, das Schmerzmonitoring sowie die Dokumentation und Evaluierung des Krankheits-bzw. Gesundheitsverlaufs zuständig. Nicht vergessen darf man auch die psychische Zuwendung für den Patienten. Es ist sehr wichtig, dass man den Patienten Zeit schenkt und ihnen aktiv zuhört.

Wie bereits gehört kommen in die Neurologie Patienten mit unterschiedlichen Krankheitsbildern und damit auch ganz unterschiedlichen Bedürfnissen aus pflegerischer Sicht. Inwiefern macht diese große Vielfalt an unterschiedlichen Erkrankungen die Arbeit besonders spannend?

Tamara: Durch die verschiedenen Krankheitsbilder ist der Arbeitsalltag sehr abwechslungsreich. Jedes Krankheitsbild und jeder Patient präsentieren sich anders. Man soll bei uns flexibel sein, weil man in vielen Situationen spontan reagieren muss.

In der neurologischen Pflege braucht man eine sehr gute Beobachtungsgabe, da sich unsere Patienten oft nicht selbst äußern können oder kognitiv eingeschränkt sind. Da wir Gesundheits- und Krankenpfleger die Hauptzeit mit den Patienten verbringen, sind wir in diesen Fällen ihr „Sprachrohr“ und geben Auffälligkeiten an die Ärzte weiter. Die sind dafür meistens sehr dankbar.

Kannst du uns etwas über die Pflege von Patienten mit Schlaganfall erzählen.

Anneliese: Patienten, die einen Schlaganfall erleiden, zeigen oft vielfältige Ausfallserscheinungen, wie z.B. Sprachverlust, Schluckstörungen oder Halbseitensymptomatik (=Lähmungen von Arm oder Bein, oder ein verminderter Tonus in der Muskulatur) bzw.  kognitive Einschränkungen wie Verwirrtheit und den Verlust von Rechen- und Schreibfähigkeit. Diese Beeinträchtigungen hindern sie daran, alltagtägliche Aufgaben, wie die Körperpflege selbstständig zu bewältigen.

Seitens der Pflege ist es hier wichtig, dass wir den richtigen Kontakt mit den Patienten herstellen. Wir unterstützen die Patienten in der Regel bei der Körperpflege, was es uns ermöglicht, ihre Defizite genau zu erkennen.

Auf unsere Beobachtungen baut sich die Therapie auf. Die spezielle Mobilisation und Lagerung dieser Patienten – Aufgaben, die von der Pflege übernommen werden – sind Schlüsselelemente, um ihren physiologischen Bewegungsablauf wiederherzustellen. Wesentlich bei der Mobilisierung ist hier die Wiederholung eines festen Schemas, damit sich dieses im Gehirn manifestiert. Auf unserer Station arbeitet außerdem eine ausgebildete Praxisbegleiterin für die therapeutisch aktivierende Pflege nach Bobath, die individuelle Mobilisationspläne für die Patienten erstellt. Hier arbeiten wir auch mit der Physiotherapie eng zusammen.

Wir haben hier einen sehr interdisziplinären Ansatz:

Wenn Patienten Schwierigkeiten beim Schlucken oder Sprechen haben, kooperieren wir eng mit der Logopädie und der HNO-Abteilung des Klinikums, um die bestmöglichen Ansätze für die individuellen Bedürfnisse der Patienten zu finden. Mit den Logopäden wird bei Schluckstörungen z.B. besprochen, ob der Patient eine angepasste Kostform, z.B. eine Breikost, erhalten soll.
Auch die unterstützt durch alltagsbezogene Trainings die Patienten, damit z.B. das Waschen oder das Essen wieder erlernt werden können.
Zu den Aufgaben der Pflege gehört zudem die Kontrolle der Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme. 
Schlaganfallpatienten neigen oft zur Depression. Unsere Aufgabe ist es, die Symptome zu erkennen und weiterzuleiten, damit der Patient eine bestmögliche psychologische und/oder medikamentöse Behandlung bekommt.

Arbeitet ihr mit speziellen Konzepten in der Pflege auf eurer Station?

Tamara: Ja, das tun wir. Wir setzen hier hauptsächlich das Bobath-Konzept ein. Das ist ein umfassendes Bewegungskonzept, bei welchem durch wiederholte und immer gleich ausgeführte Übungen, die Synapsen im Gehirn wiederherstellt und folglich die motorischen Fähigkeiten des Patienten verbessert werden.  Der Patient gewinnt so mehr Beweglichkeit und erlangt in Folge wieder eine bessere Lebensqualität. Jeder Patient bekommt bei uns einen individuell vorbereiteten Mobilisationsplan und wir achten darauf, dass dieser immer gleich ausgeführt wird. Das geschieht in enger Zusammenarbeit mit der Physio- und Ergotherapie. 
Auf unserer Station arbeitet eine Praxisbegleiterin für das Bobath Konzept, die auch Pflegepersonen im KSK, aber speziell auf der Neurologie schult.

Gibt es spezielle Sonderqualifikationen oder Weiterbildungen, die im Bereich der Neurologie absolviert werden müssen/dürfen? Wenn ja, welche?

Anneliese: Keiner wird dazu gezwungen, aber unser Team ist sehr motiviert und engagiert, Fortbildungen oder Weiterbildungen zu machen.

Am wichtigsten für die Pflege auf der Neurologie ist die Schulung zum Bobath-Konzept.  Aber auch andere Sonderqualifikationen sind auf der Neurologie sehr nützlich. Auf unserer Station gibt es Gesundheits- und Krankenpfleger, die eine Weiterbildung zur Parkinson Nurse, zur Demenz Nurse oder zur Diabetesberatung gemacht haben. Ebenfalls Ausbildungen in der Kinästhetik, der Basalen Stimulation oder in der Aromapflege werden gerne absolviert. 
Da wir auf der Neurologie außerdem viele sterbende Patienten betreuen, ist es wichtig, Pflegepersonal zu haben, welches sich im Bereich der Palliativpflege weiterbildet.
Man sieht also: Wenn man sich auf der Neurologie bewirbt, kann man noch alle möglichen Zusatzausbildungen machen und diese hier in der Praxis anwenden.

Auf der Neurologie wird auch interdisziplinär viel mit anderen klinischen Sonderfächern (z.B. Innere Medizin, HNO, Radiologie...) zusammengearbeitet. Wie gestaltet sich einerseits diese interdisziplinäre Zusammenarbeit und andererseits die Arbeit im pflegerischen Team auf der Neurologie?

Tamara: Wie bereits geschildert, arbeiten wir auf der Neurologie sehr intensiv mit der Ergotherapie, Logopädie sowie Physiotherapie zusammen. Nach jeder Therapieeinheit kommt es zu einer kurzen Rücksprache zwischen der Gesundheits- und Krankenpflegerin und dem jeweiligen Therapeuten. Gemeinsam wird erörtert, wo die Defizite und Ressourcen des Patienten liegen.

Einmal in der Woche findet zudem eine Ergo-Physio-Besprechung statt, an der unsere Stationsleitung teilnimmt und in deren Zuge jeder Patient ganzheitlich durchgesprochen wird. Das ist sehr wichtig, da jeder Patient einzigartig ist und individuell behandelt werden muss. Durch die enge Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen gelingt es, für jeden Patienten den besten Weg zu finden.

An die Neurologie kommen sicher immer wieder Pflegepersonen, welche frisch ihre Ausbildung/ihr Studium absolviert haben. Wie wird diesen neuen Mitarbeitern beim Einstieg in den Beruf und den Arbeitsalltag auf der Neurologie geholfen?

Anneliese: Vor dem Einstieg in den Arbeitsalltag, führt jeder neue Mitarbeiter ein Erstgespräch mit unserer Stationsleitung und erhält einen Leitfaden, der ihnen vorab eine Orientierung darüber bietet, wie der Tagesablauf auf der Station strukturiert ist. Wenn die neuen Mitarbeiter auf der Station eintreffen, wird ihnen in den ersten Tagen eine erfahrene Pflegeperson zur Seite gestellt, die ihnen den Stationsalltag erklärt. Uns ist es sehr wichtig, dass unsere neuen Mitarbeiter gut im Team aufgenommen fühlen, deshalb stehen wir ihnen auch immer bei allen Unklarheiten zur Seite.

Wir legen ebenfalls großen Wert darauf, unsere Mitarbeiter in pflegerischen oder psychisch belastenden Situationen stets zu unterstützen. Bei uns ist niemand auf sich allein gestellt, denn wir sind ein Team und halten zusammen.

Kannst du uns drei Gründe nennen, weshalb du deine Arbeit auf der Neurologie im KSK gerne machst?

Tamara:

  1. Das sehr gute Arbeitsumfeld.
  2. Es herrscht auf unserer Station eine sehr gute Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen dem Pflegepersonal aber auch mit den Ärzten und anderen Berufsgruppen.
  3. Man kann bei uns alles ansprechen und es wird sich Zeit genommen, die Anliegen zu diskutieren.