Netzhaut als „Fenster“ ins Gehirn: Neue Methode erweitert Diagnostikspektrum bei Multipler Sklerose

+ Optische Kohärenztomographie (OCT) liefert wichtige Informationen für Diagnose, Verlaufsprognose und Therapie bei Multipler Sklerose (MS)
+ Schmerzfreies bildgebendes Verfahren nutzt Netzhaut als „Fenster“ ins Gehirn
+ Gezielte Vernetzung mit Augenärztinnen und Augenärzten der Region
+ Schwarzacher Klinikum für weitere zwei Jahre als MS-Zentrum zertifiziert

(08.07.2025, Schwarzach/Salzburg) – An der Neurologischen Abteilung des Kardinal Schwarzenberg Klinikums in Schwarzach erweitert ein neues bildgebendes Verfahren das Diagnosespektrum bei Multipler Sklerose (MS): die Optische Kohärenztomographie (OCT). Das aus der Augenheilkunde stammende Verfahren liefert hochauflösende Bilder der Netzhaut und ermöglicht damit, neurodegenerative Prozesse bereits in einem frühen Stadium zu erkennen und individuelle Erkrankungsverläufe zu prognostizieren und zu beobachten.

„Multiple Sklerose ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, bei der es zu Schädigungen und Abbau von Nervenfasern kommt. Da neben dem Gehirn und Rückenmark auch die Netzhaut ein Teil des zentralen Nervensystems ist, lassen degenerative Veränderungen in diesem Bereich Rückschlusse auf Ausprägung und Verlauf einer MS zu. Die Netzhaut wird oft als ‚Fenster ins Gehirn‘ bezeichnet – mit der OCT machen wir uns dieses ‚Fenster‘ zunutze“, erläutert Primar Christof Bocksrucker, Leiter der Abteilung für Neurologie im Schwarzacher Klinikum.

Schmerzfrei und schnell

Bei der OCT werden mithilfe gebündelten Lichts hochauflösende Bilder der Netzhautschichten erstellt. Rückgänge von Schichtdicken machen dabei das Ausmaß neurologischer Schädigungen im zentralen Nervensystem sichtbar. „Die OCT kann neurodegenerative Prozesse bereits erkennen, bevor klinische Symptome auftreten. Dadurch sind sowohl eine frühere Einleitung von Therapien in der Akutphase als auch Prognosen des Krankheitsverlaufs möglich. Durch regelmäßige OCT-Untersuchungen können wir dann den individuellen Verlauf und Ausprägung der Erkrankung beobachten und den Erfolg von Therapien überwachen“, so Bocksrucker.

Die Untersuchung selbst ist für die Patienten sehr einfach: Sie erfolgt berührungslos und schmerzfrei in der neurologischen Ambulanz, dauert nur wenige Minuten und erfordert keine besondere Vorbereitung. Bocksrucker erläutert: „Man schaut zuerst mit dem einen, dann mit dem anderen Auge in die Linse des OCT-Systems, das pro Sekunde 100.000 Scans der Netzhaut in HD-Auflösung erstellt. Die Auswertung liegt unmittelbar danach vor.“

Wichtiger weiterer Baustein der MS-Diagnostik

„Die OCT ist ein wichtiger weiterer Baustein unserer MS-Diagnostik und liefert wertvolle zusätzliche Informationen zu den gängigen Diagnosemethoden wie MRT oder Liquor-Untersuchungen“, betont der Primar. Um eine bestmögliche Versorgung zu gewährleisten, haben sich Bocksrucker und sein Team gezielt mit Augenärztinnen und Augenärzten in der Versorgungsregion „Innergebirg“ vernetzt. Bei unklaren Befunden oder spezifischen Fragestellungen kann so eine rasche direkte Rücksprache mit den Spezialistinnen und Spezialisten vor Ort erfolgen. 

Erfolgreich als MS-Zentrum rezertifiziert

Als zertifiziertes MS-Zentrum gewährleistet das Kardinal Schwarzenberg Klinikum die kompetente Versorgung von rund 300 MS-Patientinnen und -Patienten im Innergebirg auf dem neuesten Stand der Wissenschaft. Maßgeblich dabei ist auch die enge und gute Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten der Region. Die hohe Qualität der Versorgung von MS-Patienten im Schwarzacher Klinikum wurde vor wenigen Tagen mit der erfolgreichen Rezertifizierung als MS-Zentrum durch die Österreichische Gesellschaft für Neurologie (ÖGN) für weitere zwei Jahre bestätigt. „Die Implementierung der OCT untermauert unseren Anspruch als klinisches Anlaufzentrum für MS-Patienten in der Versorgungsregion 52“, so Primar Bocksrucker.

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Multiple Sklerose

Multiple Sklerose ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, bei der das Immunsystem die Myelinschicht der Nervenzellen angreift und damit Störungen bei der Übertragung von Nervensignalen verursacht. Diese Schäden können eine Vielzahl von neurologischen Symptomen hervorrufen, beispielsweise Sehstörungen, Taubheitsgefühle, Schwäche in den Extremitäten, Koordinationsprobleme und starke Müdigkeit. Der Verlauf ist individuell unterschiedlich – einige Menschen haben nur leichte Beschwerden, während andere stark beeinträchtigt werden. Bei manchen Patienten treten die Beschwerden schubweise auf, während andere eine kontinuierliche Verschlechterung erleben. Man spricht bei MS daher auch von der „Krankheit der 1000 Gesichter“. Primar Bocksrucker betont: “Frühzeitige Diagnose und eine geeignete Behandlung spielen eine entscheidende Rolle, um den Patienten eine bessere Lebensqualität zu ermöglichen und die Auswirkungen von MS auf den Körper einzudämmen.”

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Kontakt für Betroffene:

MS-Ambulanz (Multiple Sklerose)
Abteilung für Neurologie
Gebäude C, 5. Stock
Mo. - Fr., 11.00 Uhr
Telefonische Anmeldung erforderlich
Tel.: +43 6415 7101-7521
neurologie@ks-klinikum.at

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